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LBV - Pressemitteilung vom 23.04.2009

Der Kormoran als Sündenbock

In einem Artikel oberfränkischer Tageszeitungen vom 24. März 2009 sehen Vertreter des Bezirksfischereiverbandes Oberfranken die Artenvielfalt der Fische in den Fließgewässern der Fränkischen Schweiz gestört. Der Artikel vermittelt den Eindruck, dass einzig der Kormoran für den Rückgang der heimischen Fischarten verantwortlich ist. Diese Einschätzung ist falsch und wird vom Landesbund für Vogelschutz – Verband für Arten- und Biotopschutz (LBV) klar zurückgewiesen.

„Der Kormoran muss als Sündenbock für vom Menschen verursachte Eingriffe in die Fließgewässer herhalten“ erklärt Helmut Beran von der LBV–Geschäftsstelle Bayreuth. Hauptverantwortlich für die dramatischen Bestandseinbrüche bei den Fischarten wie der Äsche ist der Mensch, der seit vielen Jahrzehnten massiv in die Fließgewässerökologie eingegriffen hat. Querbauwerke an Fließgewässern, die die Wanderungen von Fischen und anderen Gewässerorganismen unterbinden und die massive Verschlammung, die die Laichplätze von Kieslaichern wie Äsche oder Bachforelle zerstört, sind die wahren Ursachen für den Artenrückgang bei den Fischen. Ein weiterer Faktor ist die intensive Freizeitnutzung an der Wiesent, insbesondere das Kanufahren, durch die Laichplätze und Fischbrut geschädigt werden.

Unbestritten ist, dass in kalten und langanhaltenden Wintern der Kormoran wegen der zugefrorenen Stillgewässer verstärkt auf Fließgewässer wie die Wiesent und ihre Nebenflüsse ausweicht. Bestandseinbrüche bei der Äsche sind jedoch schon seit den 70er und 80er Jahren zu verzeichnen, lange bevor der Kormoran in nennenswerter Zahl wieder an oberfränkischen Gewässern aufgetaucht ist.

Der LBV bedauert, wenn durch den Kormoran finanzielle Schäden bei Fischwirten oder Fischereiberechtigten auftreten. Für die negative Bestandsentwicklung bei den Fischen darf man allerdings nicht alleine den Kormoran verantwortlich machen. Eine Bejagung löst das Problem nicht, da dies lediglich ein Herumdoktern an Symptomen bedeutet, nicht jedoch die tatsächlichen Ursachen der Bestandsrückgänge beseitigt. Durch eine Bejagung werden die Tiere zusätzlich unter Stress gesetzt, sie verbrauchen mehr Energie und haben daher auch einen höheren Nahrungsbedarf. Der LBV ist dialogbereit und unterstützt das von der Regierung von Oberfranken geplante Hilfsprogramm für die Äsche an der Wiesent.

Strikt abgelehnt werden von Seiten des LBV Bestrebungen, den Kormoran ganzjährig und in Schutzgebieten zu jagen. Damit wird ein Präzedenzfall geschaffen, der den Schutzzweck in Schutzgebieten aushöhlt und Forderungen nach Bejagung anderer geschützter Tierarten in Schutzgebieten wie Gänsesäger, Graureiher oder Biber Vorschub leistet.

Wichtige Ziele im Fischarten- und Fließgewässerschutz sind die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer, der Rückbau von Querbauwerken, die Verhinderung des Sedimenteintrages in die Gewässer und Lenkungsmaßnahmen im Bereich Kanufahren, erläutert Helmut Beran vom LBV.

So hat sich der LBV mit dem Bezirksfischereiverband für eine fisch- und naturverträgliche Regelung zum Kanufahren auf der Wiesent eingesetzt – bisher leider ohne den gewünschten Erfolg. Zusammen mit Vertretern verschiedener Behörden und Verbände ist der LBV an dem Projekt „Entschlammung der Wiesent“ beteiligt, das vom Bezirk Oberfranken gefördert wird. Erfolg wird das Projekt jedoch nur haben, wenn es gelingt, zukünftig die massiven Sedimenteinträge in die Gewässer, die zum großen Teil aus der intensiven Landwirtschaft stammen, zu unterbinden. Gemeinsam mit dem Landesfischereiverband und dem Bund Naturschutz hat der LBV ein Positionspapier zur Wasserkraftnutzung erarbeitet. Ziel ist ein Verzicht auf den weiteren Ausbau der Fließgewässer zur Wasserkraftnutzung und die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit.

gez. Helmut Beran (Dipl.-Biol.)

Leiter BGS Oberfranken / UIZ Lindenhof

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